Ulrich Uhland Warnecke
(Fero Classics)
Werke von Warnecke, Weiss, Hagen
Nachdem angestrengte avantgardistische Versuche, die Hörer einzig zu provozieren und zu schockieren mittlerweile eher Langeweile als Empörung hervorrufen, rücken Komponisten, die ihre Tradition und Vorbilder nicht negieren müssen wieder in den Mittelpunkt des Interesses. Ulrich Uhland Warnecke ist einer dieser Komponisten der neuen Generation, denen die Gitarristik in Zukunft größere Aufmerksamkeit schenken sollte.
Wie geschickt Warnecke kompositorischen Einfallsreichtum mit seiner großen Kenntnis des Instruments zu verbinden weiß, zeigt sich schon im ersten Titel der CD. “Cascabel” – eine frappierende Flageolettstudie – hat das Zeug, zu einem echten Gitarrenhit zu werden. Dieser faszinierenden Kombination aus Arpeggien und Flageoletts liegen von der Musik des Barock beeinflusste Harmonieverbindungen zugrunde. Auf der CD fungiert “Cascabel” gleichsam als kurzes Präludium für den folgenden fünfsätzigen Zyklus “Toons”.
Auch dieses Werk bewegt sich harmonisch in einem attraktiven Spannungsfeld eines tonalen Zentrums, freier Verwendung von Dissonanzen und instrumentenidiomatischer Harmonik. Alle drei, von Warnecke temperamentvoll vorgetragenen Toons, basieren auf dem südamerikanischen Baião- Rhythmus. Kontrastiert werden diese fast atemlos vorwärts drängenden Stücke durch zwei ruhig dahinfließende, “Titel” benannten Kompositionen, die durch ihre gewagten, sehr dichten harmonischen Fortschreitungen geprägt sind. “”Cascabel” und die “Toons” sind eigentlich Konzertetüden, die immer gleiche Strukturen und sogar Fingersätze neu kombinieren, teils minimalistisch / motorisch.” beschreibt der Komponist selbst seine Werke. Bei näherer Betrachtung entpuppen sich die sehr komplex wirkenden Stücke auch wirklich als durchaus gitarristisch gestrickt.
Mit der von zwei “Notturnos” umrahmten “Hommage a Piazzolla” zeigt der Komponist ein weiteres Mal seine Vorliebe für die Musik Südamerikas und die Fähigkeit, sich dem Stil eines anderen Komponisten zu nähern, ohne seine eigene Komponistenpersönlichkeit zu verheimlichen.
Überraschend selbstverständlich vollzieht sich dann der Übergang von der Neuen Musik zu den Lautenkompositionen von S.L. Weiss und B.J. Hagen, die Warnecke auf einer achtsaitigen Gitarre darbietet. Dies liegt nicht nur an den immer wieder auftauchenden barocken Einflüssen in den vorangegangenen Werken Warneckes.
Klanglich wird dieser Übergang schon im “Notturno II” vollzogen. Durch das Herunterstimmen der Basssaiten während des Stückes erreicht die sechssaitige Gitarre nach und nach denselben Tonumfang wie das danach eingesetzte achtsaitige Instrument. Der Schlussakkord des “Notturno II” ist zudem identisch mit dem Anfangsakkord der folgenden Sarabande und beide Stücke weisen einen ähnlichen Gestus auf.
Warnecke zeigt, dass er nicht nur als Interpret seiner eigenen Kompositionen zu glänzen weiß. In den Sarabanden von Weiss schafft er eine Stimmung von Ruhe und fast spirituell wirkender Besinnlichkeit. Die “Locatelli-Variationen” von Hagen lässt er dagegen mühelos dahingleiten. In der abschließenden H-Moll Sarabande aus der Sonata Nr. 38 von S.L. Weiss, treibt Warnecke dann den Einsatz verschiedener Skordaturen auf seiner sechssaitigen Gitarre noch einmal auf die Spitze, indem er die A-Saite auf Fis und die E-Saite auf H umstimmt.
Abgerundet wird diese CD durch das hervorragende Booklet, in dem Frank Armbruster dem Hörer die Werke Ulrich Uhland Warneckes mit gut verständlichen Worten auch von musikwissenschaftlicher Seite nahe bringt.
Warnecke hat eine sehr runde, konzeptionell in sich geschlossene, Einspielung vorgelegt mit der er sich als höchst interessanter Komponist vorstellt und dabei auch als Interpret zu überzeugen weiß.
Auf der Suche nach neuen Herausforderungen in der “Neuen Musik” sollte man an Ulrich Uhland Warneckes Werken nicht so einfach vorbeigehen, denn seine Kompositionen haben es verdient, in Zukunft öfter in den Konzertsälen zu erklingen.
Einen ersten Eindruck kann man auf der Web-Seite des Labels bekommen.
Auf der Web-Site des Hubertus Nogatz Verlags kann in das Stück “Cascabel” hineingehört werden. Zudem gibt es von diesem Stück ein Notenbeispiel im pdf-Format und natürlich kann man die Noten hier auch käuflich erwerben.
(Quelle: Gitarre Hamburg)
Hier kann man die Titel auszugsweise anhören (jeweils 30 Sekunden).
Weiss, Hagen, Warnecke
Werke für Gitarre solo
Ulrich Uhland Warnecke (Gitarre)
Fero Classics
(46 Min., aufgenommen 7/01)
Die Mischung wirkt zunächst skurril. Doch wenn der Stuttgarter Gitarrist Ulrich Uhland Warnecke hier Werke aus der eigenen Feder mit barocken Kompositionen von Silvius Leopold Weiss und Bernhard Joachim Hagen kombiniert, dann ergibt das durchaus Sinn. Nicht nur, weil Warnecke Barockmusik immer gerne ein bisschen (rhythmisch) aufpeppt und weil seine eigenen Stücke immer wieder nach allem Möglichen (also auch nach Musik des 18. Jahrhunderts) klingen. Sondern auch, weil es hier um das Portrait eines Instrumentes gehen soll, dem dieser ebenso wie jener Zungenschlag nahe liegt.
Dabei bedient sich Warnecke sehr unterschiedlich gebauter und klingender Instrumente – unter anderem einer achtsaitigen Gitarre. Und er spielt mit weichem, rundem Ton, mit viel rhythmischem Gefühl und mit großer Beweglichkeit. Dies alles braucht Warnecke auch, will er seine Werke adäquat darbieten, denn die bergen die rasche Variation ebenso wie Tango, Blues und sehr viel Südamerikanisches. Die Lust am Effekt fügt das Bunte zusammen. Wer die Gitarre mag, wird auch diese sehr gitarristische CD sofort ins Herz schließen.
Susanne Benda, 1.8.2002
(Quelle: Rondo Magazin)
ULRICH UHLAND WARNECKE
“Werke von Warnecke, Weiss, Hagen” (FERO classics)
Recht beachtlich und mutig, wenn ein noch unbekannter Gitarrist bei einer CD gänzlich auf die alten Schlachtrösser des Repertoires verzichtet. Und dabei noch Eigenbearbeitungen zweier Sarabanden von Silvius Leopold Weiss und der Locatelli – Variationen desdes spätbarocken Lautenisten und Geigers Bernhard Joachim Hagen mit Eigenkompositionen zu einer Art Suite zusammenfügt. Ulrich Warnecke hat dies gewagt – und: Das Ergebnis lässt aufhorchen!
Gleich beim ersten Titel “Cascabel” überraschen Flageolettkaskaden a la Lenny Breau in einer kleinen, barockhaften Skizze. Damit ist man gut eingestellt auf das, was folgt: Eine Hommage an drei Jahrhunderte Gitarren – und Lautengeschichte. Denn die Suite “Toons” aus des Interpreten eigener Feder ist gespickt mit Anklängen an Brouwer bis Baden Powell (die Afro – Samba “Toon III”) – man fühlt sich sogar bisweilen an moderne Fingerstylisten wie Hedges erinnert.
Eigentliche Schnittstellen zu den Werken von Weiss und Hagen sind die beiden “Notturnos I und II”. “Notturno I” erinnert deutlich an Manuel Maria Ponce und dessen Variationswerk “Folia de Espana”, so dass auf subtile Weise sogar zweifach ein Bezug zu Weiss und Hagen hergestellt wird: Ponce hatte dereinst in seiner Suite A – Dur soviel Weiss zitiert, dass lange Zeit jener für den Komponisten gehalten wurde; weiter baut die Anlehnung an Ponces Meisterwerk eine Brücke zu den Locatelli – Variationen Hagens. “Notturno II” wirkt dagegen wie eine Vorstudie zur nachfolgenden Weiss – Sarabande aus dessen C – Dur Sonate.
Die barocken Werke spielt Warnecke auf einer achtsaitigen Ramirez, was der Musik ein dunkles, geheimnisvolles Timbre gibt. Dabei nützt er die Klangfarben seiner Instrumente, ohne einem vordergründigen Klangfarbenrausch zu erliegen. Durchaus mit technischem Geschick, wenn auch beim Hagen eine größere Distanz zu den technischen Schwierigkeiten wünschenswert wäre. Gleichwohl: Beachtlich und hörenswert – nicht nur für Klassikpuristen!
Harald Wittig
(Quelle: Akustik Gitarre 6 / 2002, Verwendung mit freundlicher Genehmigung des Verlages)
CD des Monats im GuitArt Magazine No 36, Okt-Dez 2004 (Quelle: GuitArt) Zum Vergrößern anklicken. |
GuitArt International (USA) No 8, October / December 2004Zum Vergrößern anklicken. |